Herr Reimann ist in einer beneidenswerten Situation. Nach seinem Ausstieg als Geschäftsführender Gesellschafter bei einem mittelständischen Unternehmen möchte er nun als Investor tätig werden. Schon während seines Studiums hat er sich mit Kapitalanlagen beschäftigt und auch Warren Buffett ist ihm ein Begriff. Da sich sein bisheriges Fondsportfolio nicht berauschend entwickelt hat, will er jetzt, wo er Zeit hat, richtig Gas bei seinen Kapitalanlagen geben. Als Unternehmer verfügt Herr Reimann über eine hohe Risikotoleranz. Deshalb gedenkt er in Aktien zu investieren. Er hat den festen Willen den „Markt“ zu schlagen.
Sein Gedanke:
Nichts leichter als das. Gute Unternehmen günstig kaufen und die, die zu teuer sind, meiden. In seinem Eifer übersieht er allerdings, dass die meisten anderen Anleger dasselbe Ziel verfolgen. In meinen mehr als 30 Jahren an den Märkten habe ich sehr viele interessante Menschen kennengelernt, aber noch niemals habe ich jemanden getroffen, der die überbewerteten Aktien kaufen wollte.
Bei Lichte betrachtet kann es nur so sein, dass jede Aktie nach Berücksichtigung des Risikos a priori die gleiche Renditeerwartung hat. Wäre die Renditeerwartung einer Aktie höher als die einer anderen Aktie, dann würde der Preis sofort steigen. Wäre eine Aktie zu teuer, dann würde der Preis sofort fallen, weil der bisherige Inhaber verkaufen würde, um sich den Preisaufschlag zu sichern. Die höhere Anzahl an Verkäufern und das Desinteresse der Käufer an einer zu teuren Aktie würde zu fallenden Preisen führen. Man kann also davon ausgehen, dass ein Unternehmen zu praktisch jedem Zeitpunkt fair bewertet ist.
Gibt es Ausnahmen von dieser wirtschaftlichen Grundwahrheit?
Wenn sich die fundamentalen Daten für ein Unternehmen langfristig anders entwickeln als vom Markt erwartet, können sogenannte Faktorprämien entstehen. Beispiele:
- Unternehmen die besonders billig sind laufen doch nicht so schlecht wie erwartet (Value).
- Unternehmen die gute Geschäftsmodelle haben, bleiben länger erfolgreich als erwartet (Quality).
- Unternehmen, bei denen das Geschäft läuft, haben auch weiter großen Erfolg (Momentum).
- kleine Unternehmen wachsen länger als erwartet (SmallCap).
Diese Muster können jedoch auch über längere Zeiträume nicht auftreten. Längere Zeiträume können auch 10 Jahre oder mehr sein.
Wenn sich die Märkte in einer emotionalen Ausnahmesituation befinden. Das heißt, wenn die Investoren nicht aus rationalen Gründen, sondern aus emotionalen Gründen über ihre Anlagen entscheiden. Dafür haben sich auch schon zwei Begriffe etabliert:
- FOMO („Fear of missing out“ – die Angst einen Gewinn zu verpassen).
- FUD („Fear, Uncertainty, Doubt“ – Angst, Unsicherheit, Zweifel).
Beispiele:
FUD (Fear, Uncertainty, Doubt) haben wir während der Corona-Krise, der Finanzkrise und nach Fukushima erlebt. FOMO (Fear of Missing Out) gab es um das Jahr 2000 während der Internetblase, als die Aktienpreise von Technologieunternehmen scheinbar kein Limit kannten. Diese Phänomene kann man nutzen, indem man sich antizyklisch positioniert. Allerdings sollte man dabei den weisen Spruch von John Maynard Keynes nicht vergessen: „Die Märkte können länger irrational bleiben, als du liquide bleiben kannst.“
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